1. Grenzen des Tensorkalküls für fraktale geometrische Gebilde
Am Beispiel der Behandlung der Elastizität fester Körper mögen die weiteren
Ausführungen den Bezug nehmen.
Gemäß den Ansätzen von Vlasow, Deuker, Treffs u.a. (vgl. |1| & |3|) verursacht
eine angreifende Spannung auf der Oberfläche eines Volumenelementes eines
starren Körpers eine Verschiebung der Körperpunkte.
Die Ursache (Spannung
auf der Oberfläche) und die Folge (Verzerrung des Körpers) bilden ein
Wirkungsgleichgewicht.
Für ein
Volumenelement dV eines festen (starren) Körpers wird die Verzerrung, wobei je
nach Rechenansatz sich der Körper gegenüber der Raummetrik oder der Raum
gegenüber dem ursprünglichen Körper verzerrt, zu den verursachenden Kraftgrößen
an den Flächenelementen in ein Gleichgewicht gestellt.
Beschreiben vi
die Koordinaten des Verschiebungsvektors, dann hat der Verzerrungstensor die
Komponenten
dij = ½( ∂vi / ∂xj + ∂vj / ∂xi ).
Vorausgesetz
bleibt dabei, dass dimF = 3 und vorausgestzt bleibt auch das Nichtverschwinden
der Volumenelemente, die einer Gauß-Einsteinkrümmung unterliegen. Der Fall
dimF < 3 und insbesondere
dimF ∉ N
widerspräche den Voraussetzungen des
Ansatzes.
Generell
gilt das Interesse dem Verhältnis des Spannungstensors der Komponenten tkl
gegenüber der Verzerrung:
tkl f ( dij ) bzw.
tkl f ( dij
Im reversiblen Fall musste postuliert werden, dass jede Verschiebungsarbeit der
Körperpunkte notwendig eine Verzerrung induziert, somit den Aufbau einer
inneren Spannung.
Bekannterweise wird
die virtuelle Verschiebungsarbeit mit dem elastischen Potential gleichgesetzt:
δ U ≡ δ Avirtuell =
∫V tij δdij dV
Die Enthalpie
verbleibt im elastischen Potential und einem Energieverzehr, der dann in Form
von Wärme abfließt oder in Zerstörungsarbeit ergeht:
H = U + Ez .
Bemerkung:
Hieraus
ersichtlich ist es nicht zwingend, dass die Irreversibilität des Prozesses
(Abfließen von Wärme ist nicht reversibel) verlangen muss, dass nach Wegnahme
der Spannung die Deformation nicht vollständig zurückgeht. Plastizität /
Unelastizität ist erst dann erfolgt, sofern aus dem elastischen Potential
innerhalb des Prozesses Energie auf Ez übertragen wird.
Für das
Spannungs/Dehnungsverhältnis lässt sich das Hooksche Gesetz formulieren:
tkl = Ekilj
dij.
Entsprechend ist im
hookschen Bereich (der Voraussetzung nach allgemein gültig für sehr kleine
Deformationen starrer Körper) das elastische Potential nur eine Funktion der
Verzerrung:
U = ∫V Ekilj
dij dkl dV
Unter genauerer
Betrachtung der Voraussetzungen der Nutzung des Tensorkalküls für elastische
Deformationen tritt es an den Tag, dass das Tensorkalkül in der o.a. Form an
der Beschreibungskomplexität fraktaler Gebilde und deren widerspenstigen
Haltungen gegenüber analytischen Lösungswegen scheitern möchte.
Verzerrungseigenschaften
lassen sich in fraktalen Gebilden dimF < 3 nicht durch Verzerrungen von
Volumenelementen beschreiben. Zudem sind auch Spannungstensoren an Oberflächen
definiert, die im Fall fibrillierter Hanffasern verschwinden.
2. Prinzip des Gleichgewichtes in einer virtuellen Zeit
Gegeben sei ein
System S im Gleichgewicht. Eine Störung des Systems S (Änderung des
Energie/Impuls-Tensors, Spannungsangriff o.ä.) bewirkt im allgemeinen eine
Zustandsänderung in ein Ungleichgewicht. Die Erfahrung lehrt, dass eine Ursache
(Störung) in einem festen Körper sofort und unmittelbar eine Wirkung oder
Gegenaktion im System auslöst: Das System eines starren Körpers strebt nach
unmittelbarem Gleichgewicht: t -> 0
(z.B. Spannungsangriff -> Deformation).
Anders verhält es
sich in thermodynamischen Systemen vieler Teilchen, bei denen das
Gleichgewichtsbestreben im allgemeinen für t -> ∞ angesetzt wird.
Bei der Untersuchung
einer fraktalen Faser sei das Gleichgewichtsbestreben als ein dynamisches
System formuliert: dS/dt = f(S).
Ansatz:
Ein
dynamisches System strebt in einer virtuellen Zeit einem Gleichgewichtszustand
entgegen.
Aus diesem Ansatz
folgt die Notwendigkeit der Dissipation des Systems und der Existenz wenigstens
eines Attraktorgebietes. Angenommen kann werden, dass jeder Punkt des
Definitionsbereiches nach einer unendlichen (virtuellen) Zeit in ein
Attraktorgebiet fällt.
Beruft man sich auf
den virtuellen Charakter der betrachteten Zeit, so liegt es am Tag, die
analytische Form d/dt = f() bei ausschließlichem Interesse t -> ∞
über eine Iteration S(n+1) = P(S(n)) zu beschreiben. P darf dabei lediglich von
S(n) abhängen.
Eine Programmumgebung
wird durch eine Struktur S (Zustandsstruktur) freier Variabler definiert. br>
Verweise auf eine
Unterstruktur von S der Struktur u werden mit S.i angegeben; allgemein S.i1...in
,
Is = { i1,...,in }
heißt Indexmenge der Unterstrukturen von S.
Ist S.i eine
Unterstruktur der Struktur u und hat u eine Unterstruktur u.k , wird S.i.k =
u.k geschrieben. Für die Indexmengen
der Unterstrukturen gilt äquivalentes.
Mit eckigen Klammern
[] werden die Werte über den Definitionsbereichen der Strukturen angegeben.
Es sei eine Faser F
und eine Überdeckung U = { Ui ;
i ∈ Iδ, δ > 0 } von F
beliebig aber fest. Gemäß o.a. Ansatzes existiert für ein betrachtetes
physikalisches Phänomen aus einem Ungleichgewicht heraus eine Iteration
Pn+1(S) = P(Pn(S))
, wonach das System S notwendig in ein Attraktorgebiet fällt, oder aber
zerstört wird.
Über einer
Überdeckung U = { Ui ; i ∈ Iδ, δ > 0 } einer Faser
F bei endlichem Index Iδ
existiert die endliche Struktur S eines endlichen Ortbereiches [] isomorph zu
Iδ.
Eine solche
Überdeckung ermöglicht die Einteilung von Nachbarschaften von
Überdeckungselementen, die im folgenden interessieren sollen.
Die
Nachbarschaftsbeziehungen von S[] bilden gemäß |4| Harmonien, so daß aufgrund
der vorausgesetzten Stetigkeit von F und der daraus resultierenden
Harmoniegruppe die Determination eines Ereignisses auf alle Ortsbereiche von
S[] folgt. Das heißt, es existiert ein Unterprogramm − endlich für || Iδ ||
< ∞ , welches für ein vorgegebenes i0 die
Determination für S[] erfüllt.
Zwischen zwei
benachbarten Ortsbereichen im Sinne der o.a. Harmonie, d.h. die den beiden
Ortsbereichen zugehörigen Teilfasern sind benachbart oder überdecken sich,
liegt ein inneres Spannungspotential Tij der Dimension eines
Energietensors.
S[i0].T[k,l] = Tkl
.
Offensichtlich ist
das Wirkungsgleichgewicht der Elastizitätslehre dann erfüllt, wenn an allen
Orten [] Spannungspotentiale gleichen Betrages anliegen.
Ein solches
Gleichgewicht kann eine Näherungsprozedur mithilfe einer ausgleichenden
Verzerrung der lokalen Größen von S[] , also S[].xyz, erzeugt werden:
Die Verzerrung ist
dann:
S[i0].d[k,l] = dkl
, gemäß dkl = f(Tij)
, oder im hookschen Fall tkl
= Ekilj dij .
Folglich entstehen an
allen Nachbarorten von i0 Potentialungleichgewichte, welche in
diesen Nachbarorten virtuelle Spannungen bzw. Spannungspotentiale induzieren.
Diese werden auf analoge Weise durch Verzerrungen ausgeglichen.
ObdA seien die
Faserteile der Überdeckungselemente von i0-1 und i0+1
Nachbarorte von i0:
S[i0 -1].T[k,l] = vTkl
S[i0 +1].T[k,l] = vTkl .
Wieder verursachen
die Spannungen in jedem Überdeckungselement eine Verzerrung der benachbarten
Überdeckungen:
S[i0 -1].d[k,l] += vdkl
S[i0 +1].d[k,l] += vdkl .
Für endliche Iδ ist die Iteration
abzählbar.
Offenbar beschreiben
diese Formalismen eine Iteration derart, dass Spannungen immer wieder
Verzerrungen verursachen, solange zwischen benachbarten Überdeckungen =
benachbarten/überlagerten Teilfasern Ungleichheiten der Spannungspotentiale
auftreten, verursachen diese wiederum Deformationen und folglich wiederum
Spannungen zwischen benachbarten/überlagerten Teilfaser.
Sofern diese
Iteration eine Attraktormenge = ∅ hat, also die Spannungs/Dehnungsverhältnisse keine stabilen
oder quasistabilen Positionen einnehmen, muss das System als nicht mehr stabil
bzw. zerstört anzusehen sein.
Für
nichtverschwindende Attraktormengen jedoch liefert eine solche Iteration den
Zustand eines stabilen Spannungs/Dehnungs-Verhältnisses.
Rainer Nowotny
aus: Besonderheiten von Hanffasern aus aggressive Wirrfaseraufbereitung
in: 2nd International Wood and Natural Fibre Composites Symposium; Kassel/Germany 1999